Quartalsbriefing

Für Aufsichtsräte von Kapitalgesellschaften und Finanzinstituten

Q1 / Februar 2024

Einleitung

Sehr geehrte Damen und Herren!

Das neue Jahr startet mit einer Reihe wichtiger Themen für Entscheider und Berater in Unternehmen. Energieversorgung, Fachkräftemangel und Konjunktureinbruch werden weiter den wirtschaftlichen Alltag begleiten. Wir haben die Themen für Sie zusammengefasst und wie immer ein aktuelles Urteil im Bereich Mergers & Acquisitions besprochen.

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Blick nach vorne: Was steht in den nächsten Sitzungen an?

News für Kapitalgesellschaften und Familienunternehmen

News aus der Finanzwelt

Revision des Energiewirtschaftsgesetzes: Freie Fahrt für Wasserstoff?

Insolvenzanträge steigen drastisch

Erleichterte Fachkräfte-Einwanderung nach Deutschland

Einleitung Finanzinstitute

Stichwort Fokus: Die BaFin setzt auf unveränderte Aufsichtsschwerpunkte – mit einer Ausnahme

Erstes visibles Statement der neuen Leiterin der EZB-Bankenaufsicht Claudia Buch

Dauerbrenner IT-Sicherheit

Nachhaltigkeitsberichterstattung ab 2024

In aller Kürze: Die Millionenkreditmeldungen sind offenbar noch länger kein Auslaufmodell

Revision des Energiewirtschaftsgesetzes: Freie Fahrt für Wasserstoff?

Nach der jüngsten Revision des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) hat der Gesetzgeber die Rolle der Bundesnetzagentur (BNetzA) bei der Entwicklung eines Kernwasserstoffnetzes in Deutschland erheblich gestärkt. Ziel ist es, den Aufbau von Infrastruktur für den Zugang zu Wasserstoff als Energiequelle in ganz Deutschland zu erleichtern.

Allerdings führt der Mangel an Endverbrauchern zu fehlenden Anreizen für den Ausbau der Infrastruktur, die eine Voraussetzung für eine erhöhte Nachfrage von Endverbrauchern ist. Die Rentabilität beim Netz-Aufbau ist jedoch unsicher. Das Wasserstoff-Kernnetz soll künftig die wichtigsten Wasserstoffstandorte in Deutschland (z.B. große Industriezentren, Energiespeicher, Kraftwerke und Importkorridore) mit über 9.700 km Gesamtlänge verbinden. Sechzig Prozent dieses Netzes werden aus umfunktionierten Gaspipelines bestehen, die restlichen 40 Prozent werden neu gebaut. Zusätzliche Zubringerleitungen könnten überall dort gebaut werden, wo es einen spezifischen Bedarf an Wasserstoff gibt. Das gesamte Netz soll bis 2032 in Betrieb gehen.

Die Vorbereitungen für das Kernwasserstoffnetz wurden im Sommer 2023 von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern abgeschlossen. Am 10. November 2023 verabschiedete der Bundestagstag die Novelle des EnWG zur Einführung einer Rechtsgrundlage für das Netz.

In einem weiteren Gesetzesvorschlag, der dem Bundesrat am 16. November 2023 vorgelegt wurde, werden weitere Änderungen des EnWG vorgeschlagen, die Regelungen zur Finanzierung des Kernwasserstoffnetzes enthält. Kurzfristig werden Investitionen in der Größenordnung von 20 Milliarden Euro erforderlich sein, um eine Infrastruktur aufzubauen, die möglicherweise nicht sofort auf eine hohe Nachfrage trifft. Um unerschwingliche Tarife für die Kostendeckung in den ersten Jahren zu vermeiden, soll gilt ein bundesweiter Netztarif in zwei Phasen bis 2055 gelten. In der ersten Phase ist der Tarif gedeckelt und deckt noch nicht die tatsächlichen Kosten der Netzbetreiber. In der zweiten Phase wird der Tarif erhöht, um die tatsächlichen Kosten zu decken und Gewinn zu erwirtschaften. Die Verluste in den Anfangsjahren sollen mit den späteren Gewinnen auf einem gesonderten Amortisationskonto ausgeglichen werden. Sollte das Konto am Ende der Finanzierungsphase 2055 noch defizitär sein, müssen der Bund und die Netzbetreiber das verbleibende Defizit nach einem festgelegten Schlüssel übernehmen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Initiative des Gesetzgebers langfristig zu einem profitablen Betrieb eines Wasserstoffnetzes führen wird und ob der Bund Verluste tragen muss. Sobald die Änderung des EnWG in Kraft tritt, wird die Einleitung erster Genehmigungsverfahren bei der BNetzA erwartet.

Links:

1. Gesetz zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts an unionsrechtliche Vorgaben und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften 

2. Fernleitungsnetzbetreiber veröffentlichen Planungsstand für deutschlandweites Wasserstoff-Kernnetz – Erster wichtiger Schritt für die künftige Wasserstoff-Infrastruktur

3. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes

 

Insolvenzanträge steigen drastisch

Die Zahl der Insolvenzanträge in Deutschland ist 2023 stark gestiegen. Der Anstieg beträgt bereits 23,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ursachen hierfür sind die Nachwirkungen der Pandemie, hohe Energiekosten und gestiegene Zinsen. Insbesondere die Bauindustrie ist stark betroffen.

Bei Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern lagen die Fallzahlen demnach um 50 Prozent über dem Vorjahreswert. Prominente Unternehmen (Peek & Cloppenburg sowie Real GmbH) blieben nicht verschont. Unternehmen mittlerer Größe (51 bis 250 Beschäftigte) verzeichneten einen Anstieg der Insolvenzanträge um ca. 76 Prozent. Kleinere Unternehmen (bis zu 10 Beschäftigten) kamen mit einem Anstieg von knapp 19 Prozent besser weg.

Ein kontinuierlicher Anstieg der Insolvenzen lässt sich allerdings seit 2020 verzeichnen. Schon im Jahr 2020 verzeichnete das Statistische Bundesamt einen Anstieg von 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Den lang andauernden Krisen wie Corona, Inflation und Fachkräftemangel können zahlreiche Unternehmen nicht mehr standhalten. Das hatte auch Auswirkungen auf private Insolvenzen, denn ein weiterer Faktor, der zu mehr Insolvenzen führt, ist die hohe Verschuldung der privaten Haushalte. Niedrige Zinsen und leicht verfügbare Kredite haben dazu geführt, dass viele Menschen über ihre Verhältnisse leben und immer mehr Schulden anhäufen. Auch das Insolvenzrecht in Deutschland spielt eine Rolle. Die Voraussetzungen für eine Privatinsolvenz wurden in den letzten Jahren gelockert, was dazu geführt hat, dass immer mehr Menschen diesen Weg gehen, um ihre Schulden loszuwerden.

Experten rechnen aufgrund der stark verschlechterten Rahmenbedingungen und dem industriepolitischen Kurs der Bundesregierung auch in den nächsten Monaten mit einem extremen Anstieg. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der zahlreichen Krisen in der Welt werden weiter zu spüren sein.

Links:

1. 23,8 % mehr beantragte Regelinsolvenzen im Juli 2023 als im Juli 2022

2. Neues Rekordjahr für Großinsolvenzen in Deutschland?

 

Erleichterte Fachkräfte-Einwanderung nach Deutschland

 

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2023 soll die Einwanderung von Fachkräften aus Ländern außerhalb der EU nach Deutschland erleichtern. Wir bieten einen Überblick über die am 18.11.2023 in Kraft getretenen Änderungen.

  • Mit der sog. „Blauen Karte EU“ können Angehörige eines Nicht-EU-Mitgliedstaates mit akademischer Ausbildung eine angemessene inländische Beschäftigung beantragen. Dieser Aufenthaltstitel erleichtert vielen Unternehmen in Deutschland die Beschäftigung.
  • Das Mindesteinkommen für Regel- und Engpassberufe wurde deutlich abgesenkt, insbesondere für Berufsanfänger mit Hochschulabschluss.
  • Zu den Engpassberufen mit niedrigerer Gehaltsschwelle zählen neben Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin nunmehr auch Führungskräfte in der Warenproduktion, der Logistik, der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der IT, Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen.
  • IT-Spezialisten ohne Hochschulabschluss können eine Blaue Karte EU erhalten, wenn sie über eine einschlägige Berufserfahrung von zwei (bisher: drei) Jahren verfügen. Besondere Sprachkenntnisse brauchen nicht nachgewiesen zu werden. Die Mobilität innerhalb der EU von Inhabern einer Blauen Karte EU und der Familiennachzug wird vereinfacht.
  • Ab sofort besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung.
  • Branchenunabhängige Arbeitgeberwechsel werden erleichtert.
  • Die Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation wird durch eine Anerkennungspartnerschaft zwischen inländischem Arbeitgeber und Fachkraft erleichtert. Die Fachkraft muss das Anerkennungsverfahren nach Einreise unverzüglich einleiten und der Arbeitgeber muss dem Ausländer die geforderte Qualifizierungsmaßnahme ermöglichen.
  • Die Beschäftigung von Auslandsstudenten mit einem Studentenvisum wird flexibilisiert. Künftig zulässig sind 140 volle oder 280 halbe Arbeitstage bzw. eine Beschäftigung als Werkstudent mit bis zu 20 Wochenstunden während der Vorlesungszeit.
  • Mit einer Chancenkarte kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Suche einer Erwerbstätigkeit oder von Maßnahmen zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation erteilt werden. Der Ausländer muss Fachkraft sein oder genügend Punkte nach einem Punktemodell erhalten haben. Die Chancenkarte berechtigt zu einer Beschäftigung von durchschnittlich insgesamt höchstens 20 Stunden je Woche und einer Probebeschäftigung von jeweils bis zu zwei Wochen.

 Links:

1. Neue Wege zur Fachkräftegewinnung

Einleitung Finanzinstitute

Eine Zinsentwicklung, die ohne Übertreibung als historisch bezeichnet werden kann: Nach Jahren der Nullzinspolitik leitete die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli 2022 die Zinswende ein und erhöhte den Leitzins insgesamt zehn Mal von 0,0 auf zuletzt 4,5 Prozent. Für 2024 gehen faktisch alle Marktbeobachter davon aus, dass es schrittweise zurück gehen wird. Bislang hat der Finanzsektor diese Zinswende gut verkraftet und sich als stabil erwiesen, auch wenn hierfür verbreitet stille Reserven gehoben wurden, um Verluste, insbesondere bei der Bewertung festverzinslicher Anlagen, zu kompensieren und so Eigenkapital zu konservieren.

Durch die bisherigen Zinsanstiege und damit einhergehende Bewertungsverluste sind die Bewertungsreserven und weitere stille Reserven in den Bilanzen gerade der weniger bedeutenden Institute (Less Significant Institutions – LSIs) weitgehend aufgebraucht. Zugleich haben LSIs teilweise umfangreiche stille Lasten aufgebaut. Normalerweise gleichen sich diese im Zeitverlauf wieder aus, da der Marktpreis von Anleihen gegen Ende der Laufzeit wieder gegen den Nominalwert konvergiert (Pull-to-Par-Effekt). Soweit festverzinsliche Anlagen bis zur Endfälligkeit gehalten werden, entsteht daher kein Abschreibungsbedarf.

Dennoch sind die Risiken für die Unternehmen des Finanzsektors noch nicht vollends vom Tisch: verzögern geopolitische oder makroökonomische Faktoren die erwarteten Zinssenkungen oder titt einer stärkere Inversion der Zinsstrukturkurve auf, würden sich die Zinsrisiken wieder verschärfen. Insofern sind Zinsänderungsrisiken, Fristentransformationsrisiken und Liquiditätsrisiken im engen Fokus Ihrer Arbeit als Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglied von Banken und Sparkassen.

Stichwort Fokus: Die BaFin setzt auf unveränderte Aufsichtsschwerpunkte – mit einer Ausnahme

Eine Zinsentwicklung, die ohne Übertreibung als historisch bezeichnet werden kann: Nach Jahren der Nullzinspolitik leitete die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli 2022 die Zinswende ein und erhöhte den Leitzins insgesamt zehn Mal von 0,0 auf zuletzt 4,5 Prozent. Für 2024 gehen faktisch alle Marktbeobachter davon aus, dass es schrittweise zurück gehen wird. Bislang hat der Finanzsektor diese Zinswende gut verkraftet und sich als stabil erwiesen, auch wenn hierfür verbreitet stille Reserven gehoben wurden, um Verluste, insbesondere bei der Bewertung festverzinslicher Anlagen, zu kompensieren und so Eigenkapital zu konservieren.

Durch die bisherigen Zinsanstiege und damit einhergehende Bewertungsverluste sind die Bewertungsreserven und weitere stille Reserven in den Bilanzen gerade der weniger bedeutenden Institute (Less Significant Institutions – LSIs) weitgehend aufgebraucht. Zugleich haben LSIs teilweise umfangreiche stille Lasten aufgebaut. Normalerweise gleichen sich diese im Zeitverlauf wieder aus, da der Marktpreis von Anleihen gegen Ende der Laufzeit wieder gegen den Nominalwert konvergiert (Pull-to-Par-Effekt). Soweit festverzinsliche Anlagen bis zur Endfälligkeit gehalten werden, entsteht daher kein Abschreibungsbedarf.

Dennoch sind die Risiken für die Unternehmen des Finanzsektors noch nicht vollends vom Tisch: verzögern geopolitische oder makroökonomische Faktoren die erwarteten Zinssenkungen oder titt einer stärkere Inversion der Zinsstrukturkurve auf, würden sich die Zinsrisiken wieder verschärfen. Insofern sind Zinsänderungsrisiken, Fristentransformationsrisiken und Liquiditätsrisiken im engen Fokus Ihrer Arbeit als Aufsichts- und Verwaltungsratsmitglied von Banken und Sparkassen…

 

 

Erstes visibles Statement der neuen Leiterin der EZB-Bankenaufsicht Claudia Buch

Die ehemalige Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch leitet seit Jahresbeginn die EZB-Bankenaufsicht. In ihrer ersten großen Rede in neuer Funktion in Brüssel wies sie auf Konjunktur-, Klima-, Cybercrime- und geopolitische Unwägbarkeiten hin, welche die Banken nicht nur in der Eurozone in steigendem Maße betreffen und äußert zugleich die Sorge, dass diese zum Teil neuen  oder erweiterten Risiken derzeit nur unzureichend in den Risikomanagement-Prozessen der Finanzinstitute berücksichtigt würden: ”Entscheidungen der Banken könnten daher auf fehlerhaften oder unvollständigen Informationen beruhen.” Es gebe Anzeichen dafür, dass sich die Qualität der Vermögenswerte von Großbanken zu verschlechtern beginne, sagte Buch. Die Zahl der faulen Kredite nehme seit 2023 wieder moderat zu, auch wenn sie auf niedrigem Niveau blieben. Banken nutzten eine Vielzahl von Ansätzen, um mit den neuen Risiken umzugehen. Aber viele davon würden diesen Risiken nicht gerecht. Die Aufsicht habe daher Verbesserungen verlangt und lege nun Überprüfungen neu auf, um die Einhaltung der Vorgaben sicherzustellen, sagte Buch. Zinsen und Energiepreise seien bereits gestiegen, die Wachstumsprognosen bereits gesenkt worden, dazu würden klimabedingte Risiken immer sichtbarer und die Zahl der Cyber-Angriffe habe zugenommen.

”Viele dieser Veränderungen sind eher strukturell als vorübergehend und erfordern Anpassungen auf Unternehmens- und Branchenebene”, führte sie aus. Firmeninsolvenzen und Kreditrisiken könnten zunehmen, hochverschuldete Kreditnehmer mit schwachen Geschäftsmodellen unter Druck geraten, warnte sie. Die deutsche Volkswirtin wies auch auf die zunehmende Digitalisierung des Bankensektors hin. Dies kann Buch zufolge auch dazu führen, dass Einlagen, wenn Banken unter Druck geraten, viel schneller als früher von den Konten abgezogen werden. Dabei verwies sie auf die Regionalbanken-Krise in den USA im Frühjahr 2023. ”Wir werden uns daher auf die Finanzierungs- und Liquiditätsrisiken in diesem neuen Umfeld konzentrieren, unter anderem durch gezielte Überprüfungen der Finanzierungspläne”, kündigte sie an. Die Silicon Valley Bank (SVB) und einige weitere US-Geldhäuser waren 2023 im Zuge der Krise kollabiert. Kunden hatten damals binnen kurzer Zeit Milliarden an Geldern von ihren Konten abgezogen.

 

 

Dauerbrenner IT-Sicherheit

Die Digitalisierung ist nicht nur ein Beschleuniger bei der Geschwindigkeit von Liquiditätsabflüssen, wie Claudia Buch ausführte, sondern auch ein Einfallstor für Angriffe auf die Stabilität und Funktionsfähigkeit der Institute, Stichwort Cyber Security. Eine neue EU-Verordnung für Cyber-Sicherheit und IT-Risiken im Finanzsektor, genannt DORA, “Digital Operational Resilience Act”, gibt die europarechtliche Marschrichtung der Aufsicht vor: Laut EZB ist die Zahl der öffentlich gewordenen Cyber-Attacken in der Eurozone zuletzt um 51% angestiegen. Dabei verlagere sich der Schwerpunkt zunehmend auf die volkswirtschaftlichen Kernsektoren – darunter die Banken. Für die meisten Cyber-Kriminellen bleiben “DDoS”-Angriffe das Mittel der Wahl, daneben nehmen Ransomware-Attacken zu (bei denen Daten gesperrt und erst gegen Zahlung eines Lösegelds wieder freigegeben werden). Bei der Bafin heißt es, die Zahl erfolgreicher IT-Angriffe im hiesigen Finanzsektor steige weiterhin – für Banken stelle “Cyber” aktuell das größte operative Risiko dar. Für verwundbar hält die Bonner Aufsicht dabei vor allem die mittelgroßen Institute. Sie sind zu klein, um riesige Summen in ihren Schutz zu investieren – und gleichzeitig groß genug, dass ein Angriff auf ihre Datenbestände lohnend erscheint. Ein Kurzstatement zu diesem Thema aus dem Dezember 2023 findet sich hier: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2023/fa_bj_2312_IT_Aufsicht_Kurzkommentar_P.html

Die EZB-Bankenaufsicht wird Cyber-Angriffen in diesem Jahr erstmals einen eigenen Stresstest widmen. Vor-Ort-Inspektionen bei 22 Banken haben die Aufseher skeptisch werden lassen, die Defizite seien “schwerwiegender und weiter verbreitet” gewesen als angenommen, so die EZB. Der Stresstest biete daher nun “die Gelegenheit, gute Marktpraktiken zu identifizieren und zu verbreiten”.

Im Aufsichtsratsgremium sind daher mittlerweile auch fundamentale IT-Kenntnisse erforderlich. Bei Neu- oder Nachbesetzungen ist das eine womöglich neue Anforderung, die es zu beachten gilt.

 

 

Nachhaltigkeitsberichterstattung ab 2024

Für Geschäftsjahre, die mit oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen, gelten die neuen Nachhaltigkeitsberichtspflichten nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Zunächst sind diejenigen Unternehmen von den neuen Regelungen betroffen, die bereits vorher zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet waren. Der Kreis der betroffenen Unternehmen wird dann bis 2028 schrittweise ausgeweitet. Pünktlich zum Beginn der Anwendbarkeit der CSRD wurden noch zwei Delegierte Rechtsakte der EU-Kommission im Amtsblatt der EU veröffentlicht:

  • Die Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 enthält in ihren Anhängen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die die Nachhaltigkeitsberichtspflichten nach der CSRD konkretisieren. Die Veröffentlichung im Amtsblatt vom 22. Dezember 2023 war der letzte Schritt, der erforderlich war, um die ESRS mit Beginn der Berichtspflicht ab 1. Januar 2024 verbindlich zu machen. Hier der Link zur Originalquelle: https://finance.ec.europa.eu/regulation-and-supervision/financial-services-legislation/implementing-and-delegated-acts/corporate-sustainability-reporting-directive_en
  • Die Delegierte Richtlinie (EU) 2023/2775 passt die Schwellenwerte für die Größenkategorien von Unternehmen inflationsbedingt an. Nach diesen Größenkategorien richten sich die Berichtspflichten von Unternehmen einschließlich der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die finale Richtlinie entspricht dem bereits veröffentlichten Entwurf. Damit diese Änderungen verbindlich werden, müssen sie noch in nationales Recht umgesetzt werden. Hierzu haben die Mitgliedsstaaten der EU bis zum 24. Dezember 2024 Zeit. Die neuen Schwellenwerte sollen dennoch auf Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 begonnen haben oder beginnen, angewendet werden. Die Mitgliedsstaaten können Unternehmen auch gestatten, diese Vorschriften schon auf das Geschäftsjahr davor anzuwenden. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat hierzu bereits am 22. Dezember 2023 eine Formulierungshilfe vorgelegt. Es ist angedacht, vom Umsetzungsspielraum Gebrauch zu machen: Die neuen Schwellenwerte sollen bereits auf das Geschäftsjahr 2022 angewendet werden können.

 

In aller Kürze: Die Millionenkreditmeldungen sind offenbar noch länger kein Auslaufmodell

Die ursprünglich für 2023 avisierte Abschaffung des Millionenkredit-Meldewesens wird deutlich länger auf sich warten lassen als bislang bekannt. Bafin und Bundesbank gehen als mögliches Zieljahr inzwischen von 2027 aus – doch selbst dieser Zeitplan wird möglicherweise nicht zu halten sein. Hintergrund: Das Millionenkredit-Meldewesen geht auf das deutsche KWG zurück und hat seinen Ursprung nicht in EU-Standardsetzungsprozessen. Mit der Einführung des granularen Kreditregisters AnaCredit (Analytical Credit Datasets) im Jahr 2018 melden die Banken in der Euro-Zone ihren nationalen Notenbanken für jeden ihrer Kredite von mehr als 25.000 Euro an nicht-natürliche Personen knapp 100 Datenpunkte. Die nationalen Notenbanken liefern diese Daten weiter an die EZB. Dennoch scheint es nach wie vor inhaltliche und technische Probleme zu geben, welche die deutsche Aufsicht weiterhin an der Doppelerfassung festhalten lassen.

Was gibt es Neues auf Directors Academy?

Neue Blogbeiträge:

 

Die deutsche monistische Societas Europaea als Rechtsform für Familienunternehmen mit einem Beispiel zum CEO-Modell

Gastbeitrag von von Prof. Dr. Hartmut Mohr

Die neue ESG-Reporting-Pflicht – Resultierende Konsequenzen & Risiken

Gastbeitrag von: Heike Adam

Der Aufsichtsratsausschuss

Ein Unverzichtbares Instrument der modernen Unternehmensführung im Kontext der Corporate Governance

Module Kapitalgesellschaften, Familienunternehmen

Modul Kapitalgesellschaften | ESG

Lecture Inhalt

Nachhaltigkeitsberichterstattung: Erleichterungen durch Omnibus
ESG-Reporting 1 Vertiefung
Kapitel Inhalt
0% Vollständig 0/1 Schritte
Prüfung durch den Aufsichtsrat und Prüfung des Aufsichtsrats
Die Wesentlichkeitsanalyse
Die EU-Taxonomie-Verordnung
Modul Familineunternehmen

Lecture Inhalt

Nachhaltigkeitsberichterstattung: Erleichterungen durch Omnibus
ESG-Reporting 1 Vertiefung
Kapitel Inhalt
0% Vollständig 0/1 Schritte
Prüfung durch den Aufsichtsrat und Prüfung des Aufsichtsrats
Die Wesentlichkeitsanalyse
Die EU-Taxonomie-Verordnung

Podcast für den Aufsichtsrat

Im Directors Academy Podcast für den Aufsichtsrat spricht der Governance- und Nachhaltigkeitsexperte Rudolf X. Ruter mit herausragenden Persönlichkeiten aus der Welt der Corporate Governance. Im Folgenden finden Sie die alle Folgen der Governance-Gesprächsreihe.

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BGH: Aufklärungspflicht beim Unternehmenskauf

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Verkäufer eines Unternehmens durch eine verspätete Veröffentlichung in einem Datenraum gegenüber dem Käufer haftbar sein kann. Konkret ging es um einen Unternehmenskauf über mehrere Gewerbeeinheiten. Noch vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages stellte der Verkäufer alle relevanten Informationen in einem virtuellen Datenraum für den Käufer zusammen. Einen Tag vor dem Notartermin lud der Verkäufer das Protokoll einer Eigentümerversammlung in den Datenraum hoch, aus dem eine mögliche Belastung der Eigentümer mit einer Sonderumlage hervorging. Der Käufer hatte hiervon keine Kenntnis erlangt, hätte aber theoretisch den Datenraum noch einmal einsehen können. Erst ein Jahr nach Abschluss des Kaufvertrages wurde der Käufer dann tatsächlich auf Zahlung der Sonderumlage in Anspruch genommen. Er nahm den Verkäufer auf Schadenersatz wegen verletzter Aufklärungspflichten in Anspruch.

Der BGH bejahte die Verletzung der Aufklärungspflicht. Mit dem bloßen Einstellen der Information genüge der Verkäufer nicht seinen Hinweispflichten. Nur wenn es die berechtigte Erwartung gebe, der Käufer würde noch einmal Einsicht in den Datenraum nehmen, könne dies zu einem Haftungsausschluss führen. Der BGH sah drei relevante Kriterien:

  • Der Verkäufer darf von einem Käufer, der eine Due Diligence durchführt, die Durchsicht und Kenntnisnahme der zur Verfügung gestellten Unterlagen erwarten. Dies gelte umso mehr, wenn der Käufer bei Durchführung der Due Diligence durch externe Berater unterstützt werde.
  • Der Verkäufer könne erwarten, dass der Käufer den Datemraum einsieht, wenn dieser gut organisiert und strukturiert sei. Dafür spreche ein Inhaltsverzeichnis, eine Suchfunktion und Hinweise an den Käufer über die Einstellung neuer Dokumente. Relevant sei ferner die zur Verfügung stehende Zeit und die Geschäftsgewandtheit des Käufers.
  • Zuletzt hält der BGH die besondere Bedeutung der Information für den Käufer für relevant. Der Verkäufer dürfe bei für ihn erkennbar wesentlichen Informationen “nicht sehenden Auges abwarten, ob der Käufer die nur schwer erkennbare Information aus den bereitgestellten Daten ermittelt”.

Zusammengefasst sah der BGH die Aufklärungspflicht durch die Offenlegung des Protokolls im Datenraum durch den Verkäufer als nicht erfüllt an. Für den Käufer habe es keine Veranlassung gegeben, einen Tag vor dem Notartermin noch einmal den Datenraum auf neue Dokumente zu prüfen.

Mit dieser Entscheidung werden klare Kriterien für Offenlegungspflichten und Erwartungen in einer Due-Dilligence postuliert. Gerade bei kleineren Unternehmenskäufen ist eine Organisation des virtuellen Datenraums, z.B. in Cloud-Lösungen, wenig strukturiert und professionell. Es empfiehlt sich daher auf professionelle Anbieter zurückzugreifen und bei der Beratung von vorneherein auf klare Strukturen und Informationen zur Aktualisierung zu drängen.

Links:

1. BGH, Urteil vom 15.09.2023 – V ZR 77/22

 

 

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