Coronakrise : „Zombifizierung“ der Wirtschaft verhindern

30. Sep. 2021 | Der Aufsichtsrats-Blog, Kapitalgesellschaften

In der Coronakrise geriert sich der Bund als Retter der Wirtschaft. Doch der Staat kann nicht alle bedrohten Unternehmen retten. Die Hilfen sind oft kontraproduktiv, geordnete Insolvenzen wären in vielen Fällen die bessere Lösung für das Wirtschaftssystem.

Ob wettbewerbsfähig, effizient, innovativ oder eben nicht: Der Staat macht derzeit bei seinen Coronahilfen keinen Unterschied. Dabei ist es überhaupt keine gute Idee, auch maroden Unternehmen zu helfen. Vielen seit Jahren chronisch klammen Konzernen dürften die Liquiditätshilfen und Kredite nur eine weitere Bürde sein: Um die Finanzhilfen später zurückzahlen zu können, müssten die ineffizienten Unternehmen nach der Krise mehr einnehmen als sie ausgeben. Wunder geschehen vielleicht, aber sie dürften bei nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen selten vorkommen. Oder die Organisationen müssten noch mehr sparen, womit sie ihre Potenziale erst recht nicht voll ausschöpfen würden. Kann Deutschland sich das leisten?

Wenn der Staat mit Coronahilfen Unternehmen künstlich am Leben hält, die bereits zuvor ineffizient, ideenlos und nahezu bankrott waren, droht Deutschland eine „Zombifizierung“ der Wirtschaft. Denn bleiben nicht konkurrenzfähige Unternehmen im Markt, verzerrt das den Wettbewerb: Ein Staat, der gescheiterte Unternehmen unterstützt, bestraft damit Mitbewerber, die besser wirtschaften – erfolgreiche Unternehmen, die mit den Fachkräften der unproduktiven Wettbewerber eine weitaus höhere Arbeitsproduktivität und damit größere Wohlstandsgewinne erzielen könnten.

Eine Studie von Allianz und Euler Hermes schätzt die Zahl der scheintoten Unternehmen auf bereits 13.000 in Europa – Tendenz steigend. Geordnete Insolvenzen wären für viele dieser dahinsiechenden Unternehmen die vernünftigere Lösung: Verschwinden strukturell kranke Unternehmen vom Markt, erhöht das langfristig die Produktivität, das Wirtschaftswachstum und das Innovationstempo einer Volkswirtschaft. Denn eine derartige schöpferische Zerstörung setzt viele Führungs- und Fachkräfte frei, die dann zu produktiveren Unternehmen wechseln können. Das dürfte in der Folge die Wertschöpfung und damit den ökonomischen Wohlstand erhöhen. Letztlich benötigt ein Land, das den Wohlstand seiner Bürger steigern möchte, unbedingt eine funktionierende Wirtschaft, in der nicht wettbewerbsfähige Unternehmen ausscheiden können. Dann kann aus den dort bislang gebundenen Ressourcen etwas Neues entstehen. Niemand möchte die Arbeitslosigkeit erhöhen: Es muss natürlich soziale Hilfen für die Betroffenen und vor allem eine zügige Vermittlung in neue Arbeitsverhältnisse geben.

Statt mit Hilfsprogrammen bereits vor der Coronakrise betriebswirtschaftlich gescheiterte Unternehmen am Leben zu erhalten, sollte der Staat deren Auflösung eigentlich sogar noch vorantreiben und finanzielle Mittel in die Neuvermittlung der betroffenen Arbeitskräfte stecken. Denn die meisten Arbeitnehmer dürften einen produktiven Job in einem wachsenden, innovativen Unternehmen einer mehr oder weniger durch Staatsmittel subventionierten Tätigkeit in einer erfolglosen Firma vorziehen. Menschen möchten etwas erschaffen, sich am Erfolg erfreuen und auch daran teilhaben.

Beispiel Porsche: Weil die Beschäftigten aus Sicht des Vorstands im Jahr 2019 gute Arbeit geleistet haben, erhielten sie im April 2020 einen Bonus in Höhe von 9700 Euro. Auch in den Jahren davor fielen die Boni des hochprofitablen Autobauers ähnlich üppig aus. Doch auch bei Porsche wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Die Transformation der Automobilwirtschaft zwingt die Zuffenhausener zu hohen Anstrengungen, um weiterhin innovativ zu bleiben. Etwa ein Viertel der Belegschaft soll laut Personalvorstand Andreas Haffner an umfassenden Weiterbildungsprogrammen teilnehmen – damit Porsche im Wettbewerb vorne bleibt.

So geht Innovation. Künstlich am Leben gehaltene, ihre einst gefragte Kompetenz lediglich nur noch verwaltende Unternehmen, die zudem jeden Cent in die Finanzierung ihrer Kredite stecken müssen, verhindern dagegen den Fortschritt. Deshalb ist es insbesondere in wettbewerbsintensiven Branchen mit ausgeprägtem Fachkräftemangel nicht vernünftig, jedes ineffiziente Unternehmen mit üppigen Coronahilfen und Krediten am Leben zu halten.

Autor: Thorsten Beckmann
Thorsten Beckmann ist Geschäftsführer/CFO der internationalen Kommunikationsagentur achtung! GmbH mit Standorten in Hamburg, Düsseldorf, Berlin und Köln.

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