Fitnessplan fürs Lieferkettengesetz

7. Jun. 2024 | Der Aufsichtsrats-Blog, Kapitalgesellschaften

Gastbeitrag von Sven Neumann, Geschäftsführer des Think Tanks impacts4u

Wortungetüme aus dem Bereich gesetzlicher Bestimmungen haben es meiner Erfahrung nach in der Regel in sich, auch wenn ihre Abkürzungen harmlos klingen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (#LkSG). Dieses Gesetz erlegt den Unternehmen an Menschenrechten sowie Umwelt- und Klimaschutz orientierte Handlungspflichten im Umgang mit den Stakeholdern entlang ihrer Lieferketten und Geschäftsaktivitäten auf. Da der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) aus dem Jahr 2016 bei den Unternehmen auf ein geringes Echo gestoßen war, sah sich die Bundesregierung veranlasst, die Sorgfaltsstandards rechtlich verbindlich zu machen, was zur Einführung des #LkSG im Jahr 2023 führte.

Anfang 2024 wurde das Gesetz nachgeschärft und der Schwellenwert für die betroffenen Unternehmensgrößen auf 1000 Mitarbeiter abgesenkt. Dies bedeutet, dass rund 5.000 mittelständische Unternehmen davon betroffen sind. Für Management und Aufsichtsgremien stellt das Gesetz eine große Herausforderung dar. So müssen Fragen gestellt und geklärt werden wie: # Digitalisierungsgrad tun sich schwer, sich den nötigen Detailblick auf die Geschäftsabläufe zu verschaffen.

Aus den Vorgaben die entsprechenden Handlungsoptionen in Eigenregie abzuleiten, dürfte die meisten Unternehmen überfordern. Zum Glück gibt es hier effiziente Unterstützung in Form von umfassenden Informationen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA („Handreichung zur Zusammenarbeit in der Lieferkette“) und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (unter wirtschaft-menschenrechte.de) sowie von zertifizierten selbstständigen Experten, die zusätzlich den Vorteil mitbringen, individuelle Geschäftsprozesse professionell interpretieren zu können.

Die betroffenen Unternehmen sind verpflichtet, jährlich spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres einen Bericht über die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten an das BAFA zu übermitteln. Er muss dann auf der Internetseite des Betriebs erscheinen und sieben Jahre lang kostenfrei öffentlich zugänglich sein. Grundlage für den Report ist ein Fragebogen des BAFA. Auch unternehmensintern ist die Einhaltung der Pflichten fortlaufend zu dokumentieren und diese Dokumentation ist sieben Jahre lang zu archivieren.

Der Aufwand für die Einhaltung und Dokumentation der LkSG-Bestimmungen fällt für die Unternehmen je nach Größe und Branche unterschiedlich aus, kann aber v.a. für produzierende Betriebe beträchtlich sein. In jedem Fall müssen personelle und finanzielle Ressourcen dafür eingeplant und alle Schritte koordiniert werden. Insbesondere müssen Management und Aufsichtsgremien darauf achten, dass oftmals separat agierende Unternehmensbereiche hierbei zielführend kooperieren.

Die weitere Ausgestaltung und Fortentwicklung des LkSG ist bereits im Gange, insbesondere steht die Einführung des Europäischen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetztes #CSDDD bevor, dass sich weitgehend am LkSG orientiert. Meiner Einschätzung nach wird die Konkretisierung des EU-Gesetzes noch vor der anstehenden Europawahl erfolgen.

Zumindest am Anfang sind die Herausforderungen für die Unternehmen durch diese Gesetze erheblich und erfordern ein konzentriertes und transparentes Vorgehen. Den Aufsichtsräten kommt dadurch ein erweitertes Aufgabenfeld zu, das hohe Prozess- und Digitalkompetenz erfordert, aber auch die Unternehmenskultur als Ganzes herausfordert – spätestens dann, wenn Mitarbeiter Verstöße gegen das LkSG melden und das Hinweisgeberschutzgesetz relevant wird. Ich rate daher den Unternehmen dringend, sich möglichst frühzeitig auf die neue Situation einzustellen und sich entsprechendes externes Experten-Know-how zu sichern.

Unternehmen mit konkreten Erfahrungen auf dem Sektor LkSG-relevanter Prozesse empfehle ich darüber hinaus, sich in das Angebot „Branchendialoge“ einzubringen, das die Bundesregierung zur Unterstützung von Unternehmen mit besonderen branchenspezifischen Herausforderungen im Bereich Menschenrechte ins Leben gerufen hat. Die so entstehenden praxisorientierten Handlungsanleitungen zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten kommen der gesamten Branche (Automobilindustrie, Energiewirtschaft etc.) zugute. Auch Foren wie der Round Table der Directors Academy zum Thema „Wer kennt sich aus beim Lieferkettengesetz?“ bieten branchenübergreifend eine ausgezeichnete Informationsquelle mit hohem Praxiswert.

Autor: Sven Neumann, Geschäftsführer des Think Tanks impacts4u

www.impacts4u.com

Aufsichtsrats-Blog durchsuchen

E-Mail-Newsletter

Directors Essentials

Mit dem kostenlosen Governance-Newsletter Directors Essentials erhalten Sie Wissenswertes aus der Welt der Corporate Governance: Von aktueller Rechtsprechung und neuen Regularien bis hin zu Veranstaltungshinweisen.

Newsletter abonnieren

* Pflichtfeld
Ich interessiere mich für Neuigkeiten im Bereich

Weitere Aufsichtsrats-Blogs

WordPress Cookie-Hinweis von Real Cookie Banner