Kosten senken: Aufsichtsräte sollten Big Data-Strategien im Blick haben

30. Sep. 2021 | Der Aufsichtsrats-Blog, Kapitalgesellschaften

Die Reduzierung von Kosten gehört zu den Daueraufgaben von Unternehmen. Aufsichtsräten fällt regelmäßig die schwierige Aufgabe zu, entsprechende Vorstandskonzepte zu bewerten. Aber welche Maßnahmen sind nicht nur kurzfristig wirksam, sondern auch langfristig erfolgversprechend? Um Kosten zu senken, versuchen Unternehmen oft, ihre Prozesse zu rationalisieren – etwa durch eine zunehmende Standardisierung. Sie versuchen meist auch, unproduktive Ausgaben zu identifizieren und zu reduzieren. Außerdem können sie neue, innovative Technologien einsetzen, um etwa die Automatisierung voranzutreiben und die Produktivität zu erhöhen. Sie lagern häufig auch Prozesse aus oder nutzen Kostenvorteile durch eine Auslandsverlagerung der Produktion. Das wären zumindest die typischen, bislang gängigen Optionen.

Aber Aufsichtsräte dürfen sich nicht von alten Erfolgsrezepten blenden lassen. Sie führen im Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr unbedingt langfristig zu einem Wettbewerbsvorteil. Tatsächlich können Kostenreduzierungen die Wettbewerbsposition von Unternehmen sogar schmälern. Das lässt sich häufig bei Innovatoren beobachten, die ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung senken. Oder bei Marken, die weniger für Marketing ausgeben. Diese Unternehmen sind dann langfristig meist weniger in der Lage, gesunde Gewinne zu erzielen.

Auch eine Erhöhung der Produktivität durch technische Innovationen verspricht heutzutage oft keinen nachhaltigen Erfolg mehr. In der Regel finden Unternehmen mit effizienzsteigernden Prozessinnovationen schnell Nachahmer. Die Margenvorteile der Early Mover verschwinden dann im Wettbewerb wieder. Prozessinnovationen im Sinne von „Industrie 4.0“ stellen nämlich noch längst keine neuen, innovativen Geschäftsmodelle dar – das ist häufig ein Missverständnis.

Nahezu ausgereizt scheint auch die in den vergangenen Jahrzehnten bei international aufgestellten Konzernen wohl populärste Strategie zur Kostensenkung zu sein: Offshoring. Lange Zeit profitierten unzählige Unternehmen von den Vorteilen der Globalisierung, nämlich günstigeren Löhnen und geringeren Materialkosten in Schwellenländern. Jetzt, wo nahezu alle produzierenden Konzerne in Fernost oder in anderen Schwellenländern fertigen, hat die Globalisierung als Gewinntreiber an Bedeutung verloren, zumal auch in den aufstrebenden Ländern mit zunehmendem Wohlstand die Kosten für Rohstoffe und Löhne steigen.

Aber was bleibt? Als besonders nachhaltig erweist sich die Kostenreduzierung durch Big Data-Strategien. Die Nutzung großer, möglichst einzigartiger Datensätze führt zu einer erheblichen Ausweitung der Produktivitätsvorteile von Automatisierungsvorgängen – und verschafft Big-Data-Pionieren immense Wettbewerbsvorteile. Zur Kostenreduzierung können datenbasierte Digitalisierungslösungen dabei im Wesentlichen auf zwei Arten beitragen: Zum einen können Unternehmen mehr operative Aufgaben an ihre Kunden delegieren – etwa direkt an der Kundenschnittstelle, wie es bei Check-in-Automaten an Flughäfen und in Online-Kundenportalen von Versorgern bereits längst geschieht. Zum anderen ergeben sich aus einer optimalen Nutzung von Daten, etwa über entsprechende Analysen oder gar Echtzeitüberwachungen, für viele Unternehmen erhebliche Effizienzverbesserungen – beispielsweise für die Ressourcenplanung, die Produktion, die Wartung von Maschinen oder kurzfristige Reaktionen auf unerwartete Nachfragemuster.

Unternehmen, die Big Data klug nutzen, reduzieren damit gleich in mehreren Bereichen Kosten, Risiken und Unwägbarkeiten – so nachhaltig und umfassend effektiv war bislang vermutlich keine der traditionellen Maßnahmen zur Kostenreduzierung. Für gewissenhafte Aufsichtsräte ist es daher wichtig, nicht selbst nach alten Mustern zu denken und Vorstände für datenbasierte Digitalisierungslösungen zu sensibilisieren. Vor allem in Geschäftsbereichen, in denen mit Big Data-Strategien erhebliche Wettbewerbsvorteile möglich erscheinen, sollten diese Strategien vor allen anderen Optionen der Kostensenkung Vorrang haben.

Der Autor:
Thorsten Beckmann ist Geschäftsführer (CFO) der internationalen Kommunikationsagentur achtung! GmbH mit Sitz in Hamburg und München.

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