Die Rolle des Ausschussvorsitzenden im Licht des Aktiengesetzes

19. Jan. 2024 | Der Aufsichtsrats-Blog, Kapitalgesellschaften, Management

Einleitung: Das Aktiengesetz (AktG) definiert in § 107 Abs. 1 Satz 1 die Notwendigkeit eines Vorsitzenden und eines Stellvertreters für den Aufsichtsrat. Bei den Aufsichtsratsausschüssen, insbesondere beim Prüfungsausschuss, sind die Anforderungen an die Leitung jedoch weniger klar definiert. Dieser Artikel beleuchtet die gesetzlichen Anforderungen und die Praxis im Zusammenhang mit dem Vorsitz in Aufsichtsratsausschüssen.

Gesetzlicher Rahmen: Im Gegensatz zum Vorsitz des Aufsichtsrats, dessen Wahl das AktG explizit vorschreibt, fehlen spezifische gesetzliche Bestimmungen zur Ernennung eines Ausschussvorsitzenden. Eine Ausnahme bildet der Prüfungsausschuss, wo nach § 107 Abs. 4 Satz 4 AktG ein Ausschussvorsitzender für die Ausübung des besonderen Auskunftsrechts der Ausschussmitglieder erforderlich ist. Für andere Ausschüsse sieht das Gesetz keine verpflichtende Wahl eines Vorsitzenden vor. Trotzdem wird in der Unternehmenspraxis häufig ein Vorsitzender gewählt, um eine effiziente Ausschusstätigkeit zu gewährleisten und die Organisation der Sitzungen zu erleichtern.

Bedeutung des Ausschussvorsitzes: Die Wahl eines Vorsitzenden für Aufsichtsratsausschüsse, abgesehen von Ausschüssen mit nur zwei Mitgliedern, ist aus praktischen Gründen unabdingbar. Der Ausschussvorsitzende spielt eine zentrale Rolle in der Koordination, Einberufung und Leitung der Sitzungen. Darüber hinaus fällt dem Vorsitzenden in der Regel die Berichterstattung an das Aufsichtsratsplenum zu, wie in § 107 Abs. 3 Satz 8 AktG gefordert. Marcus Lutter hebt die Bedeutung dieser Rolle hervor, indem er betont, dass ein engagierter Vorsitzender zu einem starken Gruppeneffekt beitragen kann.

Unterschiede und Empfehlungen im Corporate Governance Kodex: Im deutschen Corporate Governance Kodex wird empfohlen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende nicht gleichzeitig Vorsitzender des Prüfungsausschusses sein sollte, um Interessenkonflikte zu vermeiden und die Arbeitsbelastung zu verteilen. Darüber hinaus soll der Vorsitzende des Prüfungsausschusses unabhängig sein, insbesondere gegenüber der Gesellschaft, dem Vorstand und dem kontrollierenden Aktionär. Diese Empfehlungen spiegeln die zunehmende Bedeutung der Unabhängigkeit und Objektivität in der Aufsichtsratsarbeit wider.

Praktische Umsetzung und Wahlprozess: Die Wahl des Ausschussvorsitzenden kann entweder durch den Aufsichtsrat ad personam oder abstrakt in der Geschäftsordnung festgelegt werden. Es ist üblich, dass der Aufsichtsratsvorsitzende auch den Vorsitz in wichtigen Ausschüssen wie dem Präsidium oder dem Strategieausschuss übernimmt, um eine einheitliche Führung und bessere Koordination sicherzustellen. Interessanterweise wird in einigen Unternehmen die Position des Ausschussvorsitzenden auch von Arbeitnehmervertretern besetzt, was die Akzeptanz und Vielfalt in der Unternehmensführung fördert.

Fazit: Obwohl das AktG keine eindeutigen Vorgaben für den Vorsitz in Aufsichtsratsausschüssen außerhalb des Prüfungsausschusses macht, unterstreicht die Praxis die Notwendigkeit einer klaren Führung und Organisation innerhalb dieser Gremien. Die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex ergänzen diese Sichtweise, indem sie die Bedeutung von Unabhängigkeit und Spezialisierung für effektive Unternehmensaufsicht hervorheben.

Zusammenfassung eines Vortrags von Dr. Eberhard Vetter,

Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln

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