Aufsichtsräte sind Sparringspartner für Geschäftsführung und Vorstand. Sie entscheiden mit über die
gelebte Unternehmenskultur. Doch sind sie auch ein Teil davon? Eine Pilotstudie von Denison
Consulting, an der etwa 50 Aufsichtsräte deutscher börsennotierter sowie nicht notierter Firmen
beteiligt waren, zeigt: Längst nicht alles, was Philosophie und Kultur eines Unternehmens ausmacht,
spiegelt sich in seinem Kontrollgremium wider. Betriebliche Säulen wie Werte, Kundenorientierung
oder die Frage der persönlichen Weiterentwicklung kommen hier nur selten an.
Werte versus Wirklichkeit:
Werte scheinen in weiter Ferne, angemessenes Verhalten ebenfalls
Ein Drittel der Studienteilnehmer bestätigte, dass es kein klares und beständiges Wertesystem für sie
gäbe, über die Hälfte konstatiert zudem das Fehlen eines Verhaltenskodex, der den Aufsichtsrat als
ethische Richtlinie unterstützt. Bei Auswahl und Nominierung eines Aufsichtsratsmitglieds ist die
Frage nach einem starken Wertegerüst, Integrität und gefestigten ethischen Grundsätzen zwar noch
ein wichtiges Entscheidungskriterium, doch bei der tatsächlichen Verantwortung fürs Unternehmen
verliert sie an Bedeutung. Jüngste Beispiele deutscher Unternehmensgeschichte führen das
eindrücklich vor Augen. So räumte VW-Chefkontrolleur Hans Dieter Pötsch im Hinblick auf den
Dieselabgas-Skandal schwere Fehler ein, die Konzernleitung mahnte einen Kulturwandel an. Die Liste
von Verfehlungen ließe sich für verschiedenste Branchen und Bereiche fortsetzen. Die Grundwerte
einer Organisation zu vertreten, vorzuleben und einzuklagen ist offenkundig längst nicht gang und
gäbe bei Aufsichtsräten – dabei brächte Deckungsgleichheit hier umso schneller Diskrepanzen ans
Licht.
Wandel versus Weitermachen: Keine Investitionen in die Weiterentwicklung
Ähnlich verhält es sich mit dem Faktor Weiterentwicklung. Während sich fast alle Befragten gut vom
Unternehmen informiert fühlten und auch die Zusammenarbeit positiv einstuften, taten sich bei der
Frage nach der kontinuierlichen Entwicklung der Fähigkeiten Defizite auf. Mehr als ein Drittel sagt,
dass es keine Investitionen in die Weiterentwicklung der Aufsichtsräte gäbe. Können wir uns das
leisten in einer Welt, die sich immer schneller verändert? Wenn sich an entscheidender Stelle
Behäbigkeit breit macht und die eigene Komfortzone den Kontrolleuren näher ist als die
Transformation des Unternehmens, dann ist Stillstand die Folge. Und der hat noch nie zu besseren
Zahlen geführt. Hier sind übrigens auch Impulse gefragt: Die Denison-Studie macht deutlich, dass sich
Aufsichtsräte dafür mehr Input seitens der Unternehmen wünschen.
Angebot versus Bedarf: Mangelndes Verständnis für Kundenbedürfnisse
Nur die Hälfte der Befragten gab an, dass alle Aufsichtsratsmitglieder die Wünsche und Anliegen der
Kunden sehr genau verstanden hätten. Doch wie will ein Aufsichtsrat eine valide Strategie
entwickeln, ohne in der Tiefe die Kundenbedürfnisse zu begreifen? Wer es als Kontrolleur unterlässt,
auch den Kunden in den Blick zu nehmen, der wird seiner Funktion als Sparringspartner für die
Geschäftsführung nicht ausreichend gerecht. Es braucht dafür keinen direkten Kundenkontakt, wohl
aber Interesse, Bewusstsein und kompetente Quellen. Sonst steuern Vorstand und Aufsichtsrat
gemeinsam mit voller Kraft am Ziel vorbei. Fakt ist: Mit der fortschreitenden Digitalisierung und sich
ständig wandelnden Bedürfnissen kann sich kein Unternehmen länger Ahnungslosigkeit leisten, sonst
driftet es in die Bedeutungslosigkeit. Und das gilt auch für seinen Aufsichtsrat.
Zur Autorin:
Anja Fiedler blickt auf eine langjährige Unternehmenskarriere in verschiedenen Industrien und
Regionen zurück, wo sie weltweit Senior Positionen im Marketing, Business Development & Strategy
und im C-Level Management als Chief Operating Officer hatte. Während ihrer gesamten Karriere hat
sie sich passioniert mit den Themen Leadership Development und hoch-performanten
Unternehmenskulturen beschäftigt und sie weiterentwickelt. Sie gründete ihr eigenes Beratungsund Coaching-Unternehmen, bevor sie zu Denison Consulting kam. Anja Fiedler hat einen Master’s Degree in Wirtschaftswissenschaften der European Business School, wo sie mit dem „exebs
scholarship award for outstanding academic performance and displaying exceptional leadership
behaviour“ ausgezeichnet wurde. Sie wurde 2007 als No. 2 businesswoman of the year in Tschechien
geehrt und ist zertifizierter Coach (Kairos Foundation and Luzern Weiterbildungsforum – ICF
akkeditiert). Fiedler ist Managing Director D-A-CH und arbeitet im Raum Basel, Schweiz.
Zu Denison Consulting:
Denison Consulting, mit seinem europäischen Hauptsitz in Weinfelden (Schweiz) ansässig, ist ein
globales Beratungsunternehmen, das Organisationen durch kundenorientierten, innovativen
Kulturwandel und Führungskräfteentwicklungs-Lösungen unterstützt. Denison Consulting ist eine der
weltweit führenden Experten, die Organisationskultur, Wandel und Leadership mit finanziellen
Geschäftsergebnissen verknüpft. Mehr Infos unter www.denisonconsultingeurope.com