Der Deutsche Corporate Governance-Kodex (DCGK) beschreibt die zentrale Position des Aufsichtsratsvorsitzenden so:
„Der Aufsichtsratsvorsitzende koordiniert die Arbeit im Aufsichtsrat, leitet dessen Sitzungen und nimmt die Belange des Aufsichtsrats nach außen wahr.“ Innerhalb des Unternehmens bedeutet das vor allem, den regelmäßigen Kontakt zum Vorstand zu halten und mit diesem Strategie, Geschäftsentwicklung und Risikomanagement zu beraten.
Nach außen ist der Aufsichtsratsvorsitzende der erste Ansprechpartner für alle Belange des Aufsichtsgremiums.
Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden
Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz – MitbestG) § 29 Abstimmungen
§ 107 Abs. 1 S. 1 AktG schreibt vor, dass der Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen Aufsichtsratsvorsitzenden und mindestens einen stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden zu wählen hat. Zur Wahl genügt grundsätzlich die einfache Stimmenmehrheit. Die geforderten Mehrheiten können allerdings variieren. Denn einerseits kann die Satzung ein höheres Quorum festlegen. Andererseits ist bei Aufsichtsräten, die nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) gebildet sind, bei der Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters jeweils mindestens eine ⅔-Mehrheit gefordert (§ 27 Abs. 1 MitbestG). Dies gilt sowohl in der AG, wie auch in der GmbH.
Ob der Aufsichtsratsvorsitzende grundsätzlich aus den Reihen der Kapitalseite oder der Arbeitnehmer zu wählen ist, dazu äußert sich das MitbestG nicht. Allerdings ist im § 27 Abs. 2 MitbestG für den Fall des Nichterreichens der 2/3-Mehrheit festgelegt, dass die Anteilseignervertreter den Aufsichtsratsvorsitzenden und die Arbeitnehmervertreter den (ersten) stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden wählen. in diesem Fall sind einfache Mehrheiten ausreichend.
Die Funktionen des Aufsichtsratsvorsitzenden sind vielfältig:
Der Aufsichtsratsvorsitzende ist Repräsentant des Aufsichtsrats. Er besitzt jedoch keine Entscheidungsbefugnis anstelle des Aufsichtsrats, sondern bedarf immer einer besonderen Ermächtigung des Gremiums.
Er ist kein Organ der Gesellschaft. Der Aufsichtsratsvorsitzende (im Fall seiner Verhinderung: sein Stellvertreter) hat insb. folgende Aufgaben:
- Der Aufsichtsratsvorsitzende ist verantwortlich für die Vorbereitung und die fristgerechte Einberufung der Aufsichtsratssitzungen.
- Er leitet die Aufsichtsratssitzungen und protokolliert deren Ergebnisse.
- Der Aufsichtsratsvorsitzende kontrolliert die Umsetzung der in den Aufsichtsratssitzungen getroffenen Entscheidungen.
- Der Aufsichtsratsvorsitzende koordiniert die Tätigkeit etwaiger Ausschüsse des Aufsichtsrats.
- Der Aufsichtsratsvorsitzende ist zwar nicht zwingend, aber üblicherweise in der Satzung der Gesellschaft als Leiter der Hauptversammlung vorgesehen.
- Der Aufsichtsratsvorsitzende ist der Ansprechpartner des Vorstands. Er nimmt die vom Vorstand zu erstattenden Berichte entgegen und leitet sie an die anderen Aufsichtsratsmitglieder weiter (§ 90 Abs. 5 Satz 3 AktG).
- In mitbestimmten Gesellschaften ist der Aufsichtsratsvorsitzende der Inhaber des Zweitstimmrechts (§§ 29 Abs. 2, 31 Abs. 4 MitbestG); außerdem ist er „geborenes Mitglied“ des Vermittlungsausschusses nach § 27 Abs. 3 MitbestG.
Rechtsanwalt Dr. Eberhard Vetter und Prof. Dr. Stefan Siepelt über die grundsätzliche Fragen zum Thema in einem Beitrag für Directors Academy: