Die CSRD-Richtlinie: Auswirkungen auf Aufsichtsräte öffentlicher Unternehmen

5. Apr. 2024 | Der Aufsichtsrats-Blog, Kapitalgesellschaften, Management

Gastbeitrag von Johannes Hassemer und Michèle Morner

Einleitung

Der Aufbau und die Umsetzung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung ist gegenwärtig einer der größten Herausforderungen für öffentliche Unternehmen. Maßgeblich sind hierbei die Bestimmungen der CSRD-Richtlinie. Mit der Richtlinie wird die Nachhaltigkeitsberichtserstattung stärker quantifiziert, um die Vergleichbarkeit und Transparenz, insbesondere für Stakeholder, zu erhöhen. Das bedeutet, dass Unternehmen, die bereits der Pflicht der Erstellung einer nichtfinanziellen Erklärung unterliegen, mit nach dem 01. Januar 2024 beginnenden Geschäftsjahren unter die Bestimmungen fallen. Ab 2026 gelten die Bestimmungen auch für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen – und damit spätestens für nahezu alle öffentlichen Unternehmen.[*] Für deren Aufsichtsräte ist dies bedeutsam, da ihnen auch die Überwachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung obliegt. Im Folgenden werden die Auswirkungen der Regelungen auf die Struktur und Verantwortlichkeiten, als auch die damit zusammenhängenden Aufgaben des Aufsichtsrates betrachtet.

Auswirkungen auf die Struktur und die Verantwortlichkeiten des Aufsichtsrates

Verbunden mit der CSRD-Richtlinie werden die Berichtspflichten deutlich ausgeweitet. So müssen die Unternehmen Daten zu über 1000 Messgrößen erheben und veröffentlichen – die von den Aufsichtsräten geprüft werden müssen. Unerlässlich ist der Aufbau der Expertise zur Aufsicht und Kontrolle der Nachhaltigkeitsberichterstattung in dem jeweiligen Kontrollorgan. Denn nach §171 AktG übernimmt der Aufsichtsrat auch die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. In der Praxis bedeutet dies, dass dem Prüfungsausschuss oder ggf. dem Strategieausschuss die Aufgabe der Überprüfung zufällt. Wenn die Kapazitäten in diesem Gremium nicht ausreichend sind, kann noch ein gesonderter ESG- bzw. Nachhaltigkeits-Ausschuss eingerichtet werden. Potenziell problematisch könnte es sein, dass diese Expertise im Notfall nicht „von außen eingekauft werden kann“, da viele Unternehmen vor den gleichen Problemstellungen stehen und es noch keine hinreichenden Erfahrungen in der Umsetzung, Implementierung und Überprüfung einer derartigen Berichterstattung gibt oder geben kann. Bei öffentlichen Unternehmen kommt hier noch besonders hinzu, dass die Besetzung der Kontrollorgane auch durch politische Erwägungen bestimmt wird.

Auswirkungen auf das Aufgabenportfolio des Aufsichtsrates

In der Unternehmenspraxis wirken die durch die Unternehmen zu erhebenden Kennzahlen wie KPIs („Key Performance Indicators“). Das heißt es werden Zielgrößen festgelegt, die dann von der entsprechenden Unternehmenseinheit erfüllt werden sollten. Deren Aufsicht und Prüfung obliegt auch dem Aufsichtsrat. Hierfür ist es unerlässlich den Hintergrund und die mit den KPIs verbundenen Ziele zu kennen. Das Zusammenspiel und der Informationsfluss zwischen Vorstand und Aufsichtsrat spielt deshalb eine wichtige Rolle, um zu verstehen, wie sich die KPIs in das Unternehmen übersetzen. Außerdem ist es Aufgabe des Aufsichtsrates auch die Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen entsprechend in der Vergütungsstruktur des Vorstands zu verankern und auch den Dialog mit relevanten Stakeholdern zu suchen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die mit den KPIs verbundenen Ziele auch hinreichend überprüft werden.

Fazit

Im Rahmen der Umsetzung der CSRD-Richtlinie wird die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung für öffentliche Unternehmen erheblich ausgeweitet. Dies hat auch weitreichende Konsequenzen für die Aufsichtsratsarbeit, denn die Regelungen müssen durchdrungen und im Unternehmenskontext implementiert werden. Dabei ist es unerlässlich, deren Wirken in Form von KPIs zu verstehen und entsprechend deren Einhaltung im Sinne der formulierten Ziele zu überwachen. Ein ideales Forum zum Erfahrungsaustausch bietet hierfür die 11. Speyerer Tagung zu Public Corporate Governance, die vom 15. bis 16. April 2024 stattfindet. Unter dem Titel „Zukunft der Nachhaltigkeitsberichterstattung für öffentliche Unternehmen mit CSRD: Wie vorbildlich wollen wir sein?“ werden dabei diskutieren Ministerialdirektor Stefan Ramge (Abteilungsleiter Beteiligungen, Bundesimmobilien und Privatisierungen im Bundesministerium der Finanzen), Rechtsanwalt Moritz Meyer (Branchenexperte für die öffentliche Hand, PwC Hannover) und Prof. Dr. Dörte Diemert (Stadtkämmerin und Dezernentin für Finanzen und Recht der Stadt Köln).

Informationen zu den Autoren

Johannes Hassemer, M.A.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, Speyer

johannes.hassemer@uni-speyer.de

Univ.-Prof. Dr. Michèle Morner

Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, Speyer

Wissenschaftliches Institut für Unternehmensführung und Corporate Governance [wifucg]

morner@uni-speyer.de


[*] https://www.etl-wirtschaftspruefung.de/aktuelles/csrd-sind-oeffentliche-unternehmen-von-der-nachhaltigkeitsberichtspflicht-betroffen (Abruf: 28.02.2024)

https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/SF/CSRD/CSRD_node.html (Abruf: 28.02.2024)

https://www.idw.de/IDW/Medien/IDW-Schreiben/2022/Down-CSRD-KMU-Oeffentliche-Hand.pdf (Abruf: 28.02.2024)

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